Gedenkstätte
Fuhlsbüttel
Die Gedenkstätte Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel
ist eine Gedenkstätte der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen. In der Ausstellung mit dem Schwerpunkt „Widerstand“ wird die Geschichte des Konzentrationslagers und das Schicksal seiner Gefangenen dargestellt. Die Ausstellung befindet sich in dem ehemaligen Eingangsgebäude, einem Torhaus, der noch heute in Betrieb befindlichen Justizvollzugsanstalten.
Veranstaltungen
- Sonntag, 13. Oktober 2024
- 11:00–13:00
- Führung
Gedenkstätte Fuhlsbüttel, Suhrenkamp 98, 22335 Hamburg
Führung und Gespräch in der Gedenkstätte Fuhlsbüttel
mit Ehrenamtlichen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) und des Arbeitskreises ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten (AvS) jeden Sonntag um 11.00 und 12.00 Uhr.… Mehr Informationen
- Sonntag, 20. Oktober 2024
- 11:00–13:00
- Führung
Gedenkstätte Fuhlsbüttel, Suhrenkamp 98, 22335 Hamburg
Führung und Gespräch in der Gedenkstätte Fuhlsbüttel
mit Ehrenamtlichen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) und des Arbeitskreises ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten (AvS) jeden Sonntag um 11.00 und 12.00 Uhr.… Mehr Informationen
Bereits wenige Wochen nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten
hatte die Hamburger Staatspolizei kommunistische und sozialdemokratische Regimegegner*innen in die Fuhlsbüttler Strafanstalten eingewiesen. Am 4. September 1933 wurde in Gebäuden der Strafanstalt das Konzentrationslager Fuhlsbüttel eröffnet. Für Leitung und Bewachung waren SS- und SA- Angehörige zuständig. Das im zeitgenössischen Sprachgebrauch als »Kola-Fu« bezeichnete KZ Fuhlsbüttel wurde innerhalb kürzester Zeit zu einem Inbegriff für Grauen, Leiden und Sterben.
Ab 1936 wurde das KZ Fuhlsbüttel als Polizeigefängnis weitergeführt. Von Oktober 1944 bis Februar 1945 nutzte die SS einen Gebäudeteil als Außenlager des KZ Neuengamme. Nahezu alle verhafteten Hamburger Widerstandskämpfer*innen kamen in das »Kola-Fu«, ebenso wie Zeugen Jehovas und Juden und Jüdinnen, mit dem Regime Unzufriedene, Swing-Jugendliche und Menschen, die die Nationalsozialisten als »Asoziale« und »Berufsverbrecher« verfolgten. Während des Krieges waren auch viele ausländische Widerstandskämpfer*innen und Zwangsarbeiter*nnen im »Kola-Fu« inhaftiert. Bis zur Befreiung im Mai 1945 kamen dort über 200 Frauen und Männer ums Leben – sie starben an den Folgen der Misshandlungen, wurden ermordet oder in den Tod getrieben.
In den Jahren 1933 bis 1945
waren im Konzentrationslager und den Strafanstalten Fuhlsbüttel Menschen verschiedenen Geschlechts, Herkunft und Religion inhaftiert. Unter ihnen waren deutsche und ausländische Widerstandskämpfer*innen, Kunstschaffende oder Menschen, die aufgrund ihrer Lebensart nicht in das Weltbild der Nationalsozialisten passten. Einige wurden von Fuhlsbüttel aus in andere Gefängnisse oder Konzentrationslager überstellt, andere wurden in Fuhlsbüttel ermordet. An dieser Stelle erzählen 12 Biografien stellvertretend vom Schicksal der Gefangenen in Fuhlsbüttel. Durch Anklicken eines Bildes öffnet sich jeweils eine Kurzbiografie.
Pierrette Cuelenaere
hatte in Gent studiert und sich als Mitglied der "Revolutionären Volksjugend" an oppositionellen Aktivitäten und an Propaganda gegen die deutsche Besatzung beteiligt. Sie gehörte zu den ausländischen "Nacht und Nebel"-Häftlingen im Gefängnis Fuhlsbüttel. Am 11. Januar 1942 wurde sie in Belgien verhaftet und nach Deutschland verschleppt. Im Februar 1943 verurteilte sie ein Sondergericht in Bochum zu einer langjährigen Gefängnisstrafe – zwei Mitangeklagte wurden in diesem Prozess zum Tode verurteilt und hingerichtet. Von Mai bis Juli 1943 verbüßte Pierrette Cuelenaere die Strafe im Gefängnis Fuhlsbüttel, anschließend in anderen Haftanstalten. Sie wurde 1945 von den Alliierten befreit.
Dr. Hermann da Fonseca-Wollheim
war Arzt und lebte und arbeitete am Bahrenfelder Marktplatz. Seine Familie war Diskriminierungen ausgesetzt, weil er als "Vierteljude" galt. Während des Krieges übernahm er die ärztliche Betreuung von Zwangsarbeitenden im Industriegebiet Bahrenfeld. Eine Leiterin eines Zwangsarbeit-Lagers denunzierte ihn wegen „Hilfeleistungen“, worauf er am 27. August 1943 von der Gestapo verhaftet wurde. Die Anklage lautete: Umgang mit Ukrainerinnen, das Erlernen der russischen Sprache und das Entgegennehmen eines Dankschreibens. Ohne Gerichtsverfahren wurde Dr. Hermann da Fonseca-Wollheim vom Polizeigefängnis Fuhlsbüttel im März 1944 in das KZ Buchenwald überstellt. Dort starb er am 13. Mai 1944.
Reinhold Meyer
war Juniorchef der Buchhandlung "Agentur des Rauhen Hauses". Der Buchladen entwickelte sich zu einem Treffpunkt oppositioneller Kunstschaffender, Studierender und Intellektueller. Als Mitglied des Hamburger Zweigs der Münchener Studentenbewegung der "Weißen Rose" beteiligte er sich an Flugblättern und anderen politischen Aktivitäten. Am 19. Dezember 1943 wurde Reinhold Meyer von der Gestapo verhaftet und zunächst in das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel gebracht und verstarb dort am 12. November 1944. Angeblich war er an Diphtherie gestorben. Mithäftlinge und die Familie vermuteten jedoch, dass er während einer Vernehmung durch die Gestapo tödlich verletzt wurde.
Mehr Informationen über Reinhold Meyer finden Sie im Offenen Archiv.
Hanne Mertens
war seit 1943 Teil des Ensembles am Hamburger Thalia-Theater. Sie stand bereits mehrfach mit der Gestapo im Konflikt, weil sie offen ihre negative Einstellung gegenüber dem NS-Regime äußerte. Auf der Feier einer Bekannten spöttelte sie über Hitler und andere NS-Größen und sang unter anderem das Lied "Es geht alles vorüber" mit dem weiteren Text: "... zuerst Hitler, dann die Partei". Ein anwesender Gestapo-Beamter verfasste noch am selben Tag einen Bericht. Am 6. Februar 1945 wurde die Schauspielerin verhaftet und in das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel gebracht. Im April 1945 wurde Hanne Mertens mit 70 weiteren Fuhlsbüttel-Häftlingen in das KZ Neuengamme gebracht und dort im Arrestbunker ermordet.
Mehr Informationen über Hanne Mertens finden Sie im Offenen Archiv.
Kurt Preilipper
war Kommunist, Gewerkschafter und Arbeitersportler und beteiligte sich am Widerstand der Hamburger Gruppe der "Roten Kämpfer". Die rätekommunistisch orientierte Gruppierung, die aus der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands hervorgegangen war, stellte in der Buchdruckerei seines Großvaters die illegalen Flugblätter der Widerstandsgruppe her. Am 5. Januar 1937 wurde er von der Gestapo verhaftet. Nur fünf Tage später, am 10. Januar, starb Kurt Preilipper im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel.
Dr. Fritz Solmitz
war Redakteur des sozialdemokratischen Lübecker Volksboten. Als engagierter Antifaschist jüdischer Herkunft wurde er im März 1933 von der Lübecker Gestapo verhaftet. Im Mai 1933 wurde Fritz Solmitz in das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel überstellt. Fritz Solmitz wurde von den Fuhlsbüttler Wachmannschaften schwer misshandelt. In Haft führte er auf dünnem Zigarettenpapier ein heimliches Tagebuch. Kurz bevor man ihn am 19. September 1933 angeblich erhängt in seiner Zelle vorfand, enden seine Notizen. Die Aufzeichnungen versteckte er in seiner Taschenuhr – daher sind sie als einzigartiges Dokument der unmenschlichen Zustände in Fuhlsbüttel erhalten.
Mehr Informationen über Dr. Fritz Solmitz finden Sie im Offenen Archiv.
Liddy Bacroff
war eine trans Frau aus Ludwigshafen und arbeitete in Hamburg als Prostituierte. Im März 1936 wurde sie erstmals wegen ihrer Transidentität und ihres Berufstandes auf Grundlage eines verschärften und erweiterten Gesetzes wegen "erwerbsmäßiger Unzucht" und Diebstahls verurteilt. Stationen ihrer Verfolgung in Hamburg waren unter anderem das Polizeigefängnis und das Zuchthaus Fuhlsbüttel. Im November 1942 erfolgte ihre Überstellung in das KZ Mauthausen, wo Liddy Bacroff am 6. Januar 1943 ermordet wurde.
Hans Peter Viau
gehörte zu der in Hamburg verbreiteten "Swing-Jugend“, die sich für Swing-Tanz und -Musik begeisterte. Im Herbst 1942 wurde er wegen "anglophiler" Haltung und Verächtlichmachung der Hitlerjugend verhaftet . 1994 schilderte er die Verhöre: "Das Protokoll fiel sehr dürftig aus und der Gestapomann wurde handgreiflich. [...] Die Akte wurde also sehr dünn. Da die Gestapo jedoch Erfolge nachweisen musste, wurden noch etliche Unwahrheiten dazu geschrieben“ (Interview, 8.11.1994. ANg.). Über das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel kam er in das KZ Neuengamme. Seinen Eltern wurde erklärt, ihr Sohn sei in ein Umerziehungslager gekommen. Nach zehn Tagen wurde er entlassen.
Mehr Informationen über Hans Peter Viau finden Sie im Offenen Archiv.
Katharina Corleis
und ihr Mann Friedrich waren in der SPD und der Konsumgenossenschaft "Produktion" aktiv. Nach dem Verbot der SPD 1933 beteiligte sich Katharina Corleis beim Herstellen von Flugblättern und unterstützte inhaftierte Oppositionelle und deren Angehörige mit Geldspenden. Sie war die erste Frau, die im Konzentrationslager Fuhlsbüttel ums Leben kam. Am 27. Juni 1935 erhielt Friedrich Corleis die Nachricht, dass sich seine Frau in ihrer Zelle erhängt habe.
Mehr Informationen zu Katharina Corleis finden Sie im Offenen Archiv.
Die Gedenkstätte Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel 1933–1945
wurde 1987 in dem ehemaligen Eingangsgebäude, einem Torhaus, der noch heute in Betrieb befindlichen Justizvollzugsanstalten eingerichtet. Eine im Eingangsbereich angebrachte Gedenktafel nennt die Namen der im »Kola-Fu« und im KZ-Außenlager getöteten Häftlinge. In der Ausstellung wird über das Konzentrationslager und von den Geschichten der dort Gefangenen sowie ihrem Widerstand berichtet. Im Mittelpunkt stehen einzelne Biografien. Zu sehen sind auch Originalgegenstände und eine nachgestaltete Einzelzelle.
Adresse
Suhrenkamp 98
22335 Hamburg
stiftung@gedenkstaetten.hamburg.de
Tel. (sonntags): +49 40 4 27 31 23 24
Tel. (montags–freitags): +49 40 428131500
Öffnungszeiten:
sonntags 10–17 Uhr und nach Vereinbarung für Führungen.
Die Gedenkstätte ist am 24.12, 25.12, 31.12 und 1.1 geschlossen.
Eintritt frei.
Die Ausstellung ist nicht mit dem Rollstuhl befahrbar.
Telefonische oder online-Buchung von Gruppenführungen: Museumsdienst Hamburg, Telefon: +49 40 4281310