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22.02.2024

Eine kämpferische Antifaschistin ist gestorben. Nachruf auf Ilse Jacob (1942-2024)

Ilse Jacob auf einer Zeitzeug*innenveranstaltung 2020

Wir haben die traurige Nachricht erhalten, dass Ilse Jacob am 20. Februar 2024 verstorben ist. Sie hat sich zeitlebens für die Erinnerung an die Verbrechen des Naziregimes eingesetzt und war mit uns sehr verbunden.

Als Mitglied der Geschäftsführung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) Hamburg war sie unter anderem Beiratsmitglied der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und anschließend im Beirat unserer Stiftung aktiv. Auch bot sie lange Zeit ehrenamtliche öffentliche Führungen durch die Gedenkstätte Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel an. Als Tochter von Katharina und Franz Jacob hat sie dabei auch über den kommunistischen Widerstand ihrer Familie während der Nazizeit gesprochen. Ihre Eltern waren wesentlich am Aufbau der so genannten Bästlein-Jacob-Abshagen Gruppe, der größten Widerstandsorganisation in Norddeutschland, beteiligt.

Ilse Jacobs Vater Franz Jacob war bis 1933 Bürgerschaftsabgeordneter für die KPD in Hamburg und wurde bereits 1933 inhaftiert.  Nach seiner Freilassung 1940 war er führend an der Widerstandsarbeit in Hamburg und Berlin beteiligt. 1942 musste er untertauchen. Er wurde 1944 verhaftet und hingerichtet. Seine damals eineinhalb jährige Tochter Ilse sah er nur ein einziges Mal 1944.

Auch Ilse Jacobs Mutter war mehrfach in Haft. Kurz nach Kriegsende kehrte sie aus dem KZ Ravensbrück zu ihren Töchtern zurück. Sie hatte aber als Lehrerin und überzeugte Kommunistin mit Widrigkeiten im Nachkriegsberufsleben zu kämpfen. Ilse Jacob gab die von ihrer Mutter verfassten Erinnerungen „Widerstand war mir nicht in die Wiege gelegt“ 2020 als Biografie heraus.

Prägend für Ilse Jacobs politische Überzeugung war nicht nur das Wissen um die Widerstandsaktivitäten und die Verfolgung ihrer Eltern, sondern auch eigene gesellschaftspolitische Erfahrungen in der Bundesrepublik. Wie ihre Mutter wählte sie den Beruf als Lehrerin. Als Kommunistinnen waren beide von Berufsverboten bedroht. Während ihre Mutter diesem entgehen konnte, wurde Ilse Jacob in den 1970er-Jahren zeitweilig aus dem Schuldienst entlassen. Mehrfach stand sie im Fokus des Hamburger Verfassungsschutzes, etwa, weil sie zu einer Anti-NPD-Kundgebung mit aufgerufen hatte oder wegen ihrer Teilnahme an einem Bundeskongress der VVN-BdA. Der Vorwurf, sie stünde nicht auf dem Boden der Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung, empört. Denn gerade Ilse Jacob trat dafür ein, in einer offenen Gesellschaft wachsam und kritisch zu bleiben und Ungerechtigkeiten frühzeitig und entschieden entgegen zu treten.

Mit Ilse Jacob verlieren wir eine gute Freundin, eine kämpferische Antifaschistin und eine engagierte Mahnerin gegen das Vergessen.

Wir trauern mit ihren Kindern und Enkelkindern.

Videointerview von Schülern mit Ilse Jacob aus dem Jahr 2020

Tatort des Naziterrors: Das KZ Fuhlsbüttel. Ein Rundgang mit Ilse Jacob (2015)

Ilse Jacob auf einer Zeitzeug*innenveranstaltung 2020
Ilse Jacob auf einer Zeitzeug*innenveranstaltung 2020